Emma – Jane Austen (Filmrezension)

Manchmal, besonders wenn Klassiker oder auch andere Bücher, die ich unheimlich gern gelesen habe, verfilmt werden, überlege ich, ob ich hier auch Filme rezensieren sollte. Also Buchverfilmungen, nicht alle möglichen Filme. Dann verwerfe ich diesen Gedanken wieder und mit der nächsten Filmpremiere denke ich mir… na ich kürze das hier mal ab. Ich werde nun auch hin und wieder Filme besprechen. Und den Anfang macht die Neuverfilmung von Jane Austens Emma*, die zwar schon vor einem Jahr in den Kinos war, aber gerade aus zwei Gründen wieder so aktuell für mich ist, dass ich diesen Artikel aus dem Archiv gekramt habe: Ich habe mir den Film letztens auf Prime wieder angesehen und ich bin neulich an dem Kino vorbeigelaufen, in dem ich ihn damals zur Premiere gesehen hatte.

Es ist ein paar Jahre her, seit ich Emma* das letzte Mal gelesen habe, daher habe ich den Film sehr unvoreingenommen im frisch renovierten Delphi Lux am Berliner Zoo gesehen. (Das Kino ist übrigens eine eindeutige Empfehlung wert! Es ist sehr klein und dadurch wunderbar gemütlich. Der Saal, in dem die Vorführung stattfand, hat mich mit seiner Lichtkonstruktion sehr beeindruckt!) Und wie das so ist, bei einem Historienfilm, war ich natürlich besonders gespannt auf die Kostüme und die Szenerie.

Jane Austens Emma*

In der Geschichte um Emma reihen sich humoristische, gesellschaftskritische und auch dramatische Momente nebeneinander ein – es hat immerhin einen Grund, warum die Werke von Jane Austen als sehr zeitlos und auf ihre Art auch heute noch aktuell gelten. Wir schreiben den Anfang des 19. Jahrhunderts in England: Emma Woodhouse, die Titelfigur, ist die junge und ausnehmend hübsche Tochter des gut situierten Mr. Woodhouse. Als Witwer, dessen ältere Tochter bereits verheiratet und ausgezogen ist, lebt er mit seiner jüngeren Tochter Emma in Highbury, unweit von London. Nachdem Emma davon überzeugt ist, ihre Gesellschafterin unter die Haube gebracht zu haben, beginnt die junge Pseudo-Kupplerin damit, weitere Menschen füreinander zu bestimmen. Selbst möchte sie, sehr zum Gefallen ihres Vaters, der die Einsamkeit scheut, nicht heiraten.

Natürlich entstehen durch ihre Versuche allerhand Verdrehungen und Verwechslungen und sie gerät immer wieder mit Mr. Knightley, ihrem Nachbarn und einem Vertrauten ihres Vaters aneinander. Er allein scheint es sich zuzutrauen, die selbstbewusste Emma zu kritisieren und so geraten die beiden hin und wieder aneinander. Und als schließlich der gutaussehende Frank Churchill auftaucht, glaubt sich Emma zum ersten Mal selbst verliebt…

Bildgewaltige Adaption von Autumn de Wilde

Der Film beginnt mit schnellen Szenen und enorm bildgewaltig. Der wunderbare Bill Nighy spielt Emmas spleenigen Vater und zeigt sein ganzes Können in den verschiedensten Szenen – mit minimaler Mimik und auch im Großen – und wirkt wie eine exzentrische Form eines heutigen Blickes auf die damalige Zeit. Neben ihm müssen sich die noch recht unbekannten Schauspieler*innen Anya Taylor-Joy (Emma), Mia Goth (Harriet) und Johnny Flynn (Mr. Knightley) neben zahlreichen weiteren beweisen. Besonders Anya Taylor-Joy hat mir in der Rolle der Emma enorm gut gefallen. Sie spielt die Figur nicht als liebreizendes und ständig lächelndes Herzchen, sondern als eher ernste Figur, die viel nachdenkt und sehr schnippisch aber eben auch überheblich ist.

Dem gegenüber steht die unbedarfte Harriet, die von Mia Goth so überzeugend unschuldig verkörpert wird und deren Lächeln herrlich ansteckend ist. Harriet ist ein junges Mädchen, derer sich Emma annimmt, um eine Freundin zu haben. Dabei schwingen latente “My Fair Lady”-Vibes mit, denn Emma versucht auch, die aus unbekannten Verhältnissen stammende und im Waisenhaus lebende Harriet in ihre Kreise aufzunehmen, korrigiert sie daher des öfteren und untersagt ihr den Umgang mit Leuten, die “nicht ihrer Würde entsprechen”. Die Vielschichtigkeit (und Fragwürdigkeit) von Emmas Charakter zeigt sich vor allem auch im Umgang mit Harriet, da sie zwar diese für “würdig” hält, ihre Gesellschaft zu genießen, dies aber zunächst auch aus Langeweile geschieht – und weil Emma es grundsätzlich genießt, die klügste Person im Raum zu sein und jemanden zu haben, die*r zu ihr aufschaut. Gerade letzteres wird durch die Figur der gleichaltrigen und sehr talentierten Jane Fairfax deutlich, der Emma eher mit Abneigung entgegentritt. 

Klappentext von Emma*

“England, Anfang des 19. Jahrhunderts: Die junge Emma Woodhouse, schön, klug und reich, führt in ihrem verschlafenen Ort unangefochten die bessere Gesellschaft an — und niemand hat dabei eine höhere Meinung von ihrem Charme, Stil, Witz und Klavierspiel als sie selbst. Weit und breit gibt es keine attraktivere Partie als Emma, aber merkwürdigerweise ist ihr der Richtige einfach noch nicht begegnet.”

Ein junger Mr. Knightley?

Mein Favorit ist (neben Nighy) jedoch Johnny Flynn in der Rolle des Mr. Knightley. Hier hat sich der Film stark von der Vorlage entfernt, denn Autumn de Wildes Mr. Knightley ist ein gutes Stück jünger und – trotz der Wahnsinnskoteletten – schon ein bisschen sehr sexy. Das Beginnt schon in der ersten Szene mit Johnny Flynn, in der er zunächst auf einem Pferd durch die Szene galoppiert und sich Sekunden später in seinem Wohnzimmer quasi komplett auszieht, um einfach nackt auf dem Boden liegen zu bleiben und seine Angestellten zu vergraulen. Auch die Abneigung zwischen Mr. Knightley und Frank Churchill wirkt durch diese Verjüngung nochmal etwas spannender.

Titel: Emma (Original: “Emma”)* – Verfilmung aus 2020
Autorin: Jane Austen
Regisseurin: Autumn de Wilde
Soundtrack von: Isabelle Waller-Bridge
Kurzmeinung: Wie alle Romane von Jane Austen, so ist auch Emma ein Roman, der sich stark auf der gedachten Ebene abspielt und daher schwer zu verfilmen ist. Dennoch wartet der Film mit seiner ganz eigenen Interpretation des Klassikers auf, was insofern richtig und notwendig ist. Wunderschönes Kostüme vor einer hübschen Kulisse überzeugen optisch, die Musik ist absolut passend dazu gewählt und die Charaktere glänzen durch eine imposante Mischung aus humorvoller Darbietung, kritischen Augenzwinkern und dem gewissen Etwas. Last but not least: Der Cast ist absolut wunderbar gewählt! 

* Das Rezensionsexemplar von “Emma” wurde mir freundlicherweise vom dtv Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies hat meine Meinung jedoch nicht beeinflusst. Bildcredits für die Filmszenen auf dem verwendeten Bildmaterial: Focus Features.

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