Der fliegende Dandy – Lynn Messina

Nach dem spannenden Auftakt der Beatrice-Hyde-Clare-Reihe der US-amerikanischen Autorin Lynn Messina geht es in “Der fliegende Dandy” mit der Reihe weiter. Auch im zweiten Teil dreht sich dabei in wunderbarer Cozy-Crime-Manier, gespickt mit Jane-Austen-Vibes alles um die Titelheldin Beatrice Hyde-Clare, der erneut ganz unerwartet, und äußerst unpassend für eine junge Dame, eine Leiche in die Arme fällt. Diesmal fast buchstäblich.

Disclaimer: Dieses Buch ist der zweite Teil einer aufeinander aufbauenden Reihe.
Es wurde versucht, die Rezension möglichst spoilerfrei zu gestalten. Bitte lies im Zweifelsfall dennoch lieber die Rezension zum ersten Teil: “Mord in bester Gesellschaft”.

Und diesmal geht es wirklich ins London des 19. Jahrhunderts.

Spielte der erste Teil noch auf einem englischen Landsitz, so befinden wir uns diesmal im Herzen Londons. Das hießt: Noch mehr Bridgerton-Vibes für diejenigen, die die Reihe kennen und lieben. Und für alle anderen: Ein spannender Ausflug in die Metropole zur Regency-Zeit.

Die Handlung nimmt auch diesmal recht schnell ihren Lauf, denn Beatrice wird ihre Notlüge zum Verhängnis, die sie im ersten Teil erdacht hat, um einem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Fest entschlossen, sich des, nun ja, Missverständnisses zu entledigen, begibt sie sich zu den Büros einer Zeitungsredaktion. Leider genau an jenem Tag und im gleichen Moment, in dem jemand beschließt, sich ebenfalls etwas zu entledigen. Und so stolpert sie mir nichts dir nichts nicht nur über die zweite Leiche ihrer jungen Karriere als Ermittlerin – sondern nimmt sich auch heimlich dieses Falls an. Und natürlich ist sie ausschließlich genervt vom Auftauchen des pedantischen, nervtötenden aber doch leider auch ziemlich cleveren Duke of Kesgrave…

Beatrice Hyde-Clare verdankte ihren neuen Status im Haushalt ihres Onkels einer aberwitzigen Geschichte.

“Der fliegende Dandy” – Lynn Messina. S. 7.

Interessant ist hier von Beginn die neue Dynamik des Buches. Waren im ersten Teil die Figuren einzig deshalb zu einer Interaktion verpflichtet, weil sie sich im gleichen Landhaus aufhielten (okay – und dann war da noch dieser Mord, aber naja…), ist hier das Feld viel offener. Und Beatrice stößt an wesentlich mehr Grenzen. Grenzen in Form der Gesellschaft, die (1) einer Frau von (2) mittlerem Stand keinen Zugang zu Orten gibt, die sie für ihre Ermittlungen aufsuchen muss. Kurzerhand erklärt sie also den verdutzten Duke zu ihrem Assistenten. Doch warum der Duke dabei tatsächlich mitspielt, ist ihr (und ihm) ein Rätsel.

Lady Abercrombie und die Parodie der englischen Regency-Gesellschaft

In diesem Teil taucht mit Lady Abercrombie eine meiner neuen Lieblingsfiguren der Reihe auf. Die verwitwete Lady ist schrill, schert sich wenig um die Meinung anderer – und entpuppt sich als Fan von Beatrice. Ihr Auftreten hat anfangs gemischte Gefühle in mir ausgelöst: Von My Fair Lady über den Inbegriff kolonialeuropäischer Denke war dabei alles dabei gewesen. Doch die Übertreibungen gepaart mit dem klugen Charakter von Lady Abercrombie wirken gemeinsam wie genau das: Ein buntes Mahnmal dessen, dass der Wohlstand der Regency-Gesellschaft schon damals nur durch das Ausbeuten anderer möglich war.

Und damit vertieft Lynn Messina auf ebenso brillante wie unterschwellige Art das, was sie schon durch Mr. Otleys Geschäfte im ersten Teil getan hat: Den Finger auf die Wunden der Tatsachen legen. Und das macht Spaß, denn es ist das, was ich in vielen historischen Romanen vermisse. Diese Kritik, dieses Vorführen der Tatsachen, immer nur einen Halbsatz davon entfernt, den Abschnitt mit “und es hat sich bis heute nichts (oder zumindest viel zu wenig) daran geändert.” zu beenden.

Ich bin von meinem eigenen Verhalten ebenso verblüfft wie Sie, Miss Hyde-Clare. Ich will gestehen, dass ich Ihren mangelnden Respekt irritierend finde und versucht bin, Ihr Ego ebenfalls zu piesacken.

“Der fliegende Dandy” – Lynn Messina. S. 292f.

Klappentext von “Der fliegende Dandy” von Lynn Messina

“Eigentlich hat Miss Beatrice Hyde- Clare sich vorgenommen, die Finger von Dingen zu lassen, die sie nichts angehen. Als ihr daher vor dem Gebäude der London Daily Gazette ein Dandy tot vor die Füße fällt, fühlt sie sich kaum dazu berufen, eigene Ermittlungen anzustellen. Wirklich nicht. Nur dass der Dolch, der im Rücken des bedauernswerten Opfers steckt, ihr auf irritierende Weise bekannt vorkommt. So macht sie sich auf zum British Museum, um etwas zu überprüfen. Und dann – Überraschung! – taucht plötzlich der Duke of Kesgrave wie durch Zauberhand an ihrer Seite auf …” (Quelle)

Keine weiteren Mordfälle mehr für Beatrice?

Nachdem Beatrice auch bei diesen Mordermittlungen erneut nicht ohne eigene Blessuren davon kommt, nimmt der Duke of Kesgrave ihr am Ende das Versprechen ab, nicht mehr in Morden zu ermitteln, über deren Opfer sie zufällig stolpert. Allein die Formulierung und Beatrice’ Zustimmung lassen ahnen, dass ihr Ruf ihr in den kommenden Teilen vielleicht beginnt vorauszueilen – und sie mit dem Lösen solcher Fälle beauftragt wird. Wie genau das ablaufen wird, erfahren wir wohl im dritten Teil “Das süße Gift der Liebe: Beatrice Hyde-Clare kommt auf den Geschmack”, der schon Ende des Monats erscheint.

Zunehmend spannend wird es auch zwischen Beatrice und dem nervtötenden oder doch nicht ganz so nervtötenden Duke. Denn die Slowburn-Romance zwischen den Beiden nimmt langsam etwas an Fahrt auf – und ob Beatrice rechtzeitig aus der Kutsche springen kann oder sich am Ende doch in den einzigen Menschen verliebt, der ihren Scharfsinn zu verstehen scheint und ihr nicht erklärt, wie unpassend es für eine Dame ist, einen Mörder zu jagen und dann – oh Schreck – auch noch zu entlarven.

Titel: Der fliegende Dandy (Original: “A Scandalous Deception: A Regency Cozy Historical Murder Mystery”)*
Autorin: Lynn Messina
Formate: Broschiert und eBook
Erschienen am 29. September 2022 im Thiele & Brandstätter Verlag, übersetzt von Karl-Heinz Ebnet
ISBN: 978-3-8517-9510-3
Kurzmeinung: Der zweite Teil der Beatrice-Hyde-Clare-Reihe ist vielleicht sogar witziger und spannender als der erste Teil, was jedoch auch daran liegen mag, dass die Charaktere schon bekannt sind. Erneut hat Lynn Messina einen Detektivroman nach Agatha-Christie-Manier mit warmen Cozy-Crime-Vibes, einem Hauch Jane Austen und viel Liebe für historische Details gezaubert.
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