Katherine Hepburn, Zsa Zsa Gabor und Elizabeth Taylor sind neben ihren fantastischen Filmen vor allem als unvergessliche Hollywood-Ikonen bekannt. Neben ihnen steht Evelyn Hugo, die Titelheldin von Taylor Jenkins Reids Roman “Die sieben Männer der Evelyn Hugo” ganz selbstverständlich. Die fiktive Schauspielikone, die sich auf faszinierende Weise durch das Hollywood zu seiner Blütezeit kämpft, ist der Inbegriff feministischen Alltags für damalige Schauspielerinnen. Und das Lesen des Romans lässt mich einmal mehr fragen: Wie weit sind wir seitdem gekommen?
Das alte Hollywood in seiner Blütezeit
Faszinierend und emotional – mit diesen beiden Worten lässt sich der Roman vielleicht am treffendsten beschreiben. Das Buch klebte mir förmlich in den Händen. Mit jeder weiteren Seite war ich mehr gefangen in dem Leben dieser beeindruckenden Frau. Jedes Kapitel ließ mich mehr vergessen, dass es sie gar nicht gibt und all das dem Kopf einer bahnbrechenden Schriftstellerin entstammt.
Das Buch ist in Abschnitte unterteilt, die jeweils einem der titelgebenden – sieben – Ehemänner gewidmet ist. Die Handlung selbst, der Aufstieg der Tochter kubanischer Einwanderer*innen aus dem New Yorker Problembezirk Hell’s Kitchen ins schillernde Hollywood, ist eingebettet in eine Erzählung im Jetzt: Die aufstrebende Journalistin Monique Grant wurde zu ihrer eigenen Überraschung von der inzwischen zurückgezogen lebenden Hollywood-Ikone Evelyn Hugo ausgewählt, um ihr Lebenswerk zu verschriftlichen. Mehrere Tage lang treffen sie sich dafür in Evelyns Wohnung in Manhattan und die Diva erzählt ihr alles. Sie erzählt von den schönen Dinge, aber vor allem auch von den dunklen und schmutzigen Geheimnissen. Die Dinge, die sie gern tat, aber auch diejenigen, die sie zu tun bereit war, um erfolgreich zu werden. Und all die Dinge, die sie dafür geopfert hat.
Und während für Monique Grant, ebenso wie für die ganze Welt des Romans, am Anfang vor allem die eine Frage wichtig ist, wer der sieben Ehemänner der Evelyn Hugo nun ihre wahre Liebe gewesen ist – entwickelt sich der Roman in eine ganz andere Richtung…
Die sieben Männer der Evelyn Hugo
Mehr als herzzerreißend sind die sieben Beziehungen zu ihren Ehemännern. Allesamt ganz unterschiedlich und mal mehr und mal weniger strategisch ausgewählt, waren sie immer auch und manchmal nur ein Ticket für Evelyn Hugo, um in der Welt weiterzukommen. Kurz zur Erinnerung: Zu ihrer Zeit konnte eine Frau ohne die Zustimmung ihres Ehemannes keinem bezahlten Job nachgehen. Sie war ihm und seinen Launen komplett ausgeliefert – und hatte vor allem ihren “ehelichen Pflichten” nachzukommen.
Wie unterschiedlich diese enorme Macht über einen Menschen von ihren Ehemännern genutzt wurde und welche unerbittliche Kämpferin Evelyn gewesen sein muss, um all das nicht nur zu ertragen, sondern auch zu ihrem Vorteil zu nutzen, ist Teil der Erzählgewalt des Romans.
Und obwohl die Frage, wer denn nun die große Liebe der Evelyn Hugo war, recht schnell beantwortet wird – trieft das Buch nur so von unerwarteten Wendungen. Dramatisch aber eben auch so nah an der Realität, damals wie heute, bekommen die Ehemänner noch eine weitere Dimension in dem gefährlichen aber notwendigen Spiel des ehrgeizigen Filmstars.
Klappentext von “Die sieben Männer der Evelyn Hugo”
“Die einstige Hollywood-Filmikone Evelyn Hugo ist endlich bereit auszupacken und die Wahrheit über ihr schillerndes Leben und ihre skandalösen sieben Ehen zu erzählen. Sie fragt die Lokaljournalistin Monique Grant als Ghostwriterin an. Monique ist darüber mehr als erstaunt, schließlich hat sie seit Jahren keinen großen Artikel mehr geschrieben. Könnte das ihre Chance sein?
In ihrem luxuriösen Apartment über den Dächern Manhattans beginnt Evelyn Monique ihre Geschichte zu erzählen: Vom Aufstieg in der Männerwelt Hollywoods, den goldenen Jahren der Filmbranche und einer geheimen großen Liebe, deren Scheitern der Preis für ihren Erfolg war. Als sich die Geschichte dem Ende nähert, begreift Monique schließlich, auf welch schmerzhafte Weise ihr Leben mit dem des Hollywoodstars verbunden ist …” (Quelle)
Detektivgeschichte um die wahre Liebe
Der Roman ist dabei fast wie eine Detektivgeschichte aufgebaut. Da alle ihre Männer, Beleuchter, Schauspieler, Sänger, Regisseur, Produzent oder einfach nur reich, bereits tot sind, ist sie die einzige, die deren Geschichte noch erzählen kann. Und sie erzählt diese Geschichten. Sie nimmt dabei weder ein Blatt vor den Mund, was deren Taten anging – noch ihre eigenen. Und das macht sie zu so einer großartigen Heldin. Auch wenn sie ihr vielleicht düsterstes Geheimnis bis zum Schluss für sich behält, macht sie nämlich eines deutlich: Sie hat zum Teil verwerfliche Dinge getan – aber sie würde sie alle wieder tun, wenn sie müsste. Und diese Abgeklärtheit gegenüber unserem eigenen Handeln, wünschen wir uns die nicht alle etwas mehr?
Am Ende macht der Roman auch eines deutlich: Es ist selten, wie es scheint. Für Evelyn ist das besonders tragisch. Nicht nur musste sie ihre große Liebe immer vor der Welt verstecken, ihr Erfolg ist am Ende auch maßgeblich für deren Scheitern verantwortlich. Ach ja, und die Gesellschaft ist ein echtes Arschloch, das zeigt das Buch auch äußerst deutlich. Kurzum: Man weint viel mit Evelyn, ist mit ihr wütend und auch mal hilflos, richtet sich wieder auf und macht irgendwie weiter – aber man lacht auch unfassbar viel mit ihr in diesem wundervollen Buch.

Titel: Die sieben Männer der Evelyn Hugo (Original: “The Seven Husbands of Evelyn Hugo”)
Autorin: Taylor Jenkins Reid
Formate: Broschiert und eBook
Erschienen am 31. März 2022 bei Ullstein, übersetzt von Babette Schröder
ISBN: 978-3-5480-6673-8
Kurzmeinung: Evelyn Hugo ist eine schillernde und komplexe Heldin, die in hohen Jahren Einblick in ihr Leben als Filmikone zu Hollywoods Blütezeit gibt. Die Unterdrückung der Frau, gesellschaftliche Stigmata und der unabdingbare Wunsch, für die große Liebe alles zu tun, dominieren diesen wundervollen, tiefsinnigen und herzzerbrechenden Roman. Am Ende hatte ich vergessen, dass es Evelyn nicht gibt. Aber ihre Botschaft bleibt.
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