Ein Magiesystem mit Schulabschluss und Lehre? Ein Setting im London zu Beginn des 20. Jahrhunderts? Als ich von der Magier-Trilogie von Charlie N. Homberg gelesen habe, dachte ich gleich eines: Count me in. Und je nachdem, in welchen Buchkreisen man sich so bewegt, wurde die Reihe vor 1-2 Jahren ziemlich gefeiert – also echt Zeit, sich die Reihe mal anzuschauen und zu gucken, ob sie mich genauso begeistern kann.
Wichtig: Ich rezensiere hier die komplette Trilogie. Allerdings hintereinander. Wenn du dich nicht Spoilern möchtest, höre vor dem Abschnitt zu Teil 2 mit dem Lesen des Artikels auf.
Tausche Hexenschulabschluss gegen Papierflieger
Die junge Magierin Ceony ist die Hauptfigur der Reihe. Zu Beginn hat sie gerade ihren Schulabschluss an einer Zaubereischule gemacht und muss nun in die Lehre, um ihre Ausbildung abzuschließen. Ihre Enttäuschung darüber, statt als Schmelzerin Kanonenkugeln und andere spannende Dinge verzaubern zu können, nun Papierflieger falten zu müssen, steht am Anfang vollends im Fokus und hilft, sich mit ihr zu sympathisieren und schnell eine Bindung aufzubauen. Man leidet mit ihr mit und amüsiert sich über ihre Ansichten zu ihrem skurrillen neuen Magiermeister, Emery Thane. Obwohl es für sie bedeutet, dass sie Zeit ihres Lebens an das Papier gebunden sein wird und ihr Traum für immer verloren ist, fügt sie sich in ihr Schicksal und wird eine Falterin in Ausbildung. Und nebenbei zur Leibköchin des Papiermagiers – der vor lauter Papierflieger-Falterei alle anderen Dinge des täglichen Wahnsinns permanent vergisst.
Teil 1 der Reihe – “Der Papiermagier” oder: Schwarze Magie war gestern – jetzt gibt es Exzisoren
Blöderweise hat Ceonys Lehrmeister, Emery Thane, in früheren Tagen die Bekanntschaft einer äußerst nachtragenden Exzisorin gemacht. Gemäß ihrer Berufung, Magie aus dem Menschen selbst zu ziehen und ihn dabei zwangsläufig zu vernichten – taucht sie zu Beginn der Geschichte auf, reißt sie ihm das Herz aus der Brust – um damit auch wieder zu verschwinden. Und so startet die Geschichte des ersten Teils. Denn natürlich bewegen sich die anderen top ausgebildeten Magier*innen keinen Millimeter, um den durch Magie am Leben gehaltenen und immer schwächer werdenden Magier zu retten. Stattdessen macht sich Ceony auf den Weg und will ihren Meister retten. Dummerweise ist er nämlich der letzte Papiermagier in London – und damit ihr einziger Weg, eine Magierin zu werden.
Klappentext: “Ceony hat die Tagis-Praff-Schule für magisch Begabte als Klassenbeste abgeschlossen und wird trotz ihres Traums von Metallmagie zu dem Papiermagier Emery Thane in die Lehre geschickt. Doch die Zauber, die Ceony bei Thane lernt, erweisen sich überraschenderweise als fabelhaft: Sie lernt, Papierkreaturen zu animieren und erweckt Abbilder aus Büchern zum Leben, liest sogar in der Zukunft. Während sie diese Wunder erforscht, erfährt sie auch von den Gefahren verbotener Magie. Eine Exzisorin – eine Anwenderin der finsteren Fleischmagie – überfällt das Landhaus und reißt Thane das Herz aus der Brust. Um das Leben ihres Lehrers zu retten, muss Ceony sich der Magierin stellen und gerät in ein Abenteuer, das sie in die Kammern von Thanes immer noch schlagendem Herzen führt und die Tiefen seiner Seele enthüllt. Der Debütroman »Der Papiermagier« der Autorin Charlie N. Holmberg entführt den Leser in ein außergewöhnliches, dunkles und skurriles Abenteuer, das Leser aller Altersstufen in seinen Bann zieht.“
Teil 2 der Reihe – “Der Glasmagier” oder: Es gibt ja doch noch Nebencharaktere!
Nachdem Ceony im Auftakt der Reihe im wahrsten Sinne des Wortes in das Herz ihres Lehrmeisters marschiert ist und dessen Herzkammern durchkämmt hat, um ih das Leben zu retten, verspricht es im zweiten Teil spannend weiterzugehen. Die Erlebnisse im Gefühlszentrum des Papiermagiers sind für die Magierschülerin zwar gut ausgegangen, jedoch hat sie nun ein ganz anderes Problem: Sie befürchtet, sich in ihren Meister verliebt zu haben. Das geht natürlich aus vielen Gründen so gar nicht – und ist zeitlich auch ungünstig gewählt, denn die Komplizen der Exzisorin Lyra machen noch immer Jagd auf Ceony und ihren Meister Thane.
In diesem Teil der Geschichte gibt es wesentlich mehr Nebencharaktere als noch im Ersten. Sehr ins Herz geschlossen habe ich dabei Delilah, eine Schulfreundin von Ceony, die eine Ausbildung zur Glasmagierin macht. Sie hilft Ceony in vielen Situationen, wenn es darum geht, den Kompliz*innen von Lyra zu Leibe zu rücken und schafft es (mehr oder weniger erfolgreich), Ceony auch mal zum Nachdenken zu bewegen, da diese sich sonst noch mehr in gefährliche Abenteuer werfen würde.
Klappentext: “Seit die begabte Ceony ihrem Lehrer, dem Papiermagier Emery Thane, das Leben gerettet hat, versucht sie ihre tiefen Gefühle für ihn unter Kontrolle zu bringen. Da erschüttern eine Reihe von Anschlägen die magische Welt und Ceony muss feststellen, dass sie selbst ins Visier eines mächtigen Glasmagiers geraten ist. Wenn sie sich retten will und alle, die sie liebt, bleibt ihr keine andere Wahl, als sich dem rachsüchtigen Glasmagier in den Weg zu stellen. Aber sind sie und ihre Papiermagie stark genug, um sich gegen böse Kräfte zu wehren, die die ganze Zauberwelt in Gefahr bringen könnten?“
Teil 3 der Reihe – “Die Meistermagier” oder: Gut, dass sich die Bösen an die Pausenglocke halten
„Die Meistermagier“ ist der Abschlussband Reihe und ein letztes Mal macht sich Ceony Twill darin auf den Weg, die Welt vor den gefährlichen Exzisor*innen zu befreien – und nebenbei muss sie noch für ihre Abschlussprüfung lernen. Diese ist die letzte Hürde, ehe die begabte Magie-Azubine eine vollwertige Magierin ist. Während sich Ceony also langsam aber sicher auf ihre Prüfungen vorbereitet, treffen sie gleich zwei harte Schläge: Zum einen will ihr Meister, der Papierzauberer Emery Thane, sie nicht selbst prüfen, zum anderen ist ein gefährlicher Exzisor, an deren Verhaftung sie beteiligt war, ausgebrochen und scheint nun auf Rache aus.
Und obwohl Ceony durchaus versteht, warum Emery Thane sie nicht prüfen will, sondern sie zu seinem miesgelaunten Kollegen schickt, ist sie alles andere als begeistert davon. Vor allem, nachdem die kleinen magischen Papiervögelchen, die sich beide heimlich schicken, plötzlich ausbleiben…
Klappentext: “Als Magierin in der Ausbildung sehnt Ceony Twill ihre Abschlussprüfung herbei, die sie endlich zum vollwertigen Mitglied der magischen Gemeinschaft machen wird. Denn erst dann kann sie ihrem geliebten Mentor Emery Thane offenbaren, dass sie auch mit Materialien außer ihrem eigenen, dem Papier, arbeiten kann – eine Fähigkeit, die kaum ein anderer Magier besitzt.
Doch während Ceony mit Hochdruck für ihre Examen lernt, muss sie erfahren, dass der Mörder Saraj aus dem Gefängnis entkommen ist. Der Verbrecher hat Ceony und ihre Lieben wieder ins Visier genommen und Rache geschworen. Auch ohne die Prüfung abgelegt zu haben, muss die junge Magierin sich Saraj stellen, der die einzige Magie beherrscht, die ihr verwehrt ist. Doch ist Ceony stark genug, um sich dem Bösen entgegenzustellen?“
Der Stil der Reihe
Die Reihe ist insgesamt in einem spannenden Erzählstil geschrieben, der durch die Perspektive der Protagonistin Ceony geprägt ist. Während die Lesenden dadurch einen tiefen Einblick in ihre Gefühlswelt bekommen, bleiben dadurch die anderen Figuren leider eher blass oder werden auf die Wahrnehmung der Protagonistin reduziert. Interessant ist vor allem auch der ungewöhnliche Erzählort des ersten Teils, in dem es sehr anatomisch zugeht. Denn der Kampf zwischen den beiden Magierinnen wird zum großen Teil tatsächlich im Herzen des Magiers ausgetragen. Das kann man natürlich eklig finden, wenn Ceony von Herzkammer zu Herzkammer gespült wird. Oder man erinnert sich einfach an den Biologieunterricht zurück und genießt die authentischen Beschreibungen des Innenlebens eines Herzens.
Dadurch bekommt die Reihe einen düsteren Auftakt, der in dieser Qualität zwar nicht gehalten werden kann, aber im Laufe der Reihe leicht an Brutalität gewinnt. Und mit leicht meine ich: Es ist kein Edgar Allen Poe, aber eben auch nicht Harry Potter und der Stein der Weisen. Eher Charlie und die Schokoladenfabrik – nur mit Magier*innen.
Persönlich gefallen hat mir auch die Slow-Burn-Romance und das an sich steigende Romantikpotenzial der Reihe.
Kritik an der Reihe – oder: Ceony wird leider zunehmend anstrengend
Anfangs mochte ich an der Reihe einfach alles: die Story, die Charaktere und die ganze Idee dahinter. Im viktorianischen London sind die Magier*innen mit ihrem ganz speziellen „Element“ ein Teil der Maschinerie – sie sind ganz normaler Teil der Gesellschaft und dieser Aspekt hat mir vielleicht am besten gefallen. Es gab jedoch Momente beim Lesen, in denen wollte ich mir die Protagonistin Ceony schnappen und sie schütteln. Waren diese in Teil eins fast nicht existent, wurde es in den Folgebänden leider extremer. Natürlich macht sie sich Sorgen um ihre Familie, nachdem dieser gedroht wurde. Aber obwohl diese von Profis beschützt wird, läuft sie trotzdem los und provoziert manche Gefahren dadurch erst.
Während es also dadurch an einigen Stellen zur eigentlichen Handlung kommt, wirkt manchmal leider einfach zu sehr an den Haaren herbeigezogen und schlichtweg anstrengend. Ihre Verzweiflung – niemand will sie mit einbeziehen, obwohl sie es ja scheinbar kann – ist zwar einerseits nachvollziehbar, aber dann doch wieder einfach nur anstrengend. Da hilft es auch nicht, sich in Erinnerung zu rufen, dass die Protagonistin noch sehr jung ist – so dämlich kann man sich eigentlich nicht verhalten. Da konnten mitunter auch die vielen liebenswürdigen Nebencharaktere und die sich stetig von der Dramatik her steigernde Handlung nicht helfen.
Bibliografische Angaben der Reihe – und Fazit

Titel: Die Magier 1-3 – Der Papiermagier, Der Glasmagier, Die Meistermagier
Autorin: Charlie N. Holmberg
Originalsprache: englisch
ISBN: 978-1-5039-4727-6, 978-1-4778-1982-1, 978-1-5420-4576-6
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 256 Seiten (Teil 1), 240 Seiten (Teil 2), 234 Seiten (Teil 3)
Fazit: Am Ende bekommt der Abschlussband und damit auch die ganze Reihe eine Empfehlung vor mir. Das Setting, die Charaktere und auch die Art und Anwendung der Magie in der Reihe haben mir durchweg gefallen und das Ende löst alle losen Enden. Es gab natürlich einige Nervmomente der Protagonistin. Aber das erwähnte ich bereits. Wirklich enttäuschend fand ich am Ende aber eigentlich nur eines: Über die neuen Möglichkeiten der Magie durch Ceonys Entdeckung wird quasi gar nicht gesprochen.