5 Science-Fiction-Welten von Autorinnen

Science Fiction ist ein Genre, welches noch immer als stark männlich dominiert gilt. Das liegt natürlich einerseits auch hier an den fehlenden Role Models und einer altmodischen Einstellung dazu, was mich aufgrund meines Genders zu interessieren hat – aber auch an einem entsprechenden Framing, welches Autorinnen weniger gut präsentiert, wie die männlichen Kollegen. In diesem Artikel stelle ich daher fünf Romane oder Reihen vor, die von einer Autorin (mit-) geschrieben wurden.

Pia Seitler schrieb 2019 im SPIEGEL: “Eine Liste mit Science-Fiction-Autorinnen hat bei der Wikipedia zu einem Streit geführt: Vor allem Männer hielten die Übersicht für überflüssig.” (Quelle) Wie so oft, fasst dieser kurze Kommentar die Tatsachen, aber auch die Meinungen recht akkurat zusammen. Nachdem ein männlicher User die Liste aufgrund von “ReDundanz” Direkt wieder gelöscht hatte, stellte eine Administratorin die Liste wieder her (sie kann hier eingesehen werden). Das Problem bleibt: Frauen sind in dem Genre unterrepräsentiert, was traurig und auch falsch ist. Umso mehr freue ich mich darüber, euch nachfolgend fünf meiner liebsten Autorinnen vorzustellen.

Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten – Becky Chambers

Der Wayfarer-Reihe der US-amerikanischen Autorin Becky Chambers kommt für mich eine ganz besondere Schlüsselrolle zu, denn durch sie habe ich vor einigen Jahren überhaupt erst bemerkt, wie wenig Frauen es in der Science Fiction gibt – oder andersrum: dass ich bis dahin fast ausschließlich Bücher von männlich gelesenen Autoren gelesen habe. Inzwischen sind bereits drei sehr unterschiedliche Teile ihrer Wayfarer-Reihe ins Deutsche übersetzt worden. Die Übersetzung ins Deutsche für den Fischer-Tor-Verlag stammt von Karin Will. (ISBN: 978-3-596-03568-7, 544 Seiten, Broschur, zur Verlagsseite)

Die Romane bauen dabei nur lose aufeinander auf und können ohne Vorwissen gelesen werden. Gemeinsam geben sie einen diversen und tiefen Einblick in die von Becky Chambers kreierte Welt, in der Menschen weit davon entfernt sind, die Galaxis zu beherrschen, da es viele Spezies gibt, die ihnen weit überlegen sind. Dennoch haben sie sich weit verteilt und sind auf Schiffen und Planeten beheimatet. Jeder Teil fokussiert dabei ein eigenes Thema, eingebettet in eine spannende Handlung, sei es der Inter-Spezifizismus (eine neue Form des Rassismus), die Frage, welche Rechte und Gefühle KI haben kann und darf oder welchen Platz wir selbst in dieser Welt einnehmen.

Die linke Hand der Dunkelheit – Ursula K. Le Guin

Sie ist eine Koryphäe in der Science Fiction – und doch außerhalb des Genres unberechtigterweise eher unbekannt: Ursula K. Le Guin. Dabei ist sie die erste Frau gewesen, die 1970 für ihren Roman “The Left Hand of Darkness” (dem Originaltitel des Buches) den “Nebula” und den “Hugo”, die beiden renommiertesten Preise für Science-Fiction-Literatur, gewann. Das Werk gilt als die erste Geschlechter-Utopie, da es auf dem Handlungsort, dem Planeten Gethen, keine festgelegten Geschlechter gibt. Die Bewohner*innen sind die meiste Zeit geschlechtslos. Die Sprache des Buches fand, da sie das generische Maskulinum verwendet und eigentlich alle Figuren aufgrund ihrer Beschreibung und Pronomen eher männlich zu lesen sind, in der Vergangenheit durchaus auch berechtigte Kritik, aber gemessen am Erscheinungsjahr des Buches muss diese auch entsprechend verortet werden.

Inhaltlich geht es um einen Ethnologen, der von einem Planeten stammt, in dem es unserer Welt gleich eine geschlechtliche Identität gibt. Er soll den Planeten Gethen, seine Bewohner*innen und deren Gesellschaftssystem erforschen. Denn natürlich gibt es auch ohne Patriarchat Möglichkeiten, Macht und Ungerechtigkeit in einer Gesellschaft walten zu lassen. Die Übersetzung ins Deutsche für den Heyne-Verlag stammt von Gisela Stege. (ISBN: 978-3-453-31594-5, 400 Seiten, Broschur, zur Verlagsseite*)

Tagebuch eines Killerbots – Martha Wells

Die Killerbot-Geschichten von Martha Wells sind im Amerikanischen eine Sci-Fi-Reihe, die seit 2019 vom Heyne-Verlag in bisher zwei Sammelbänden herausgegeben wurden. So finden sich in “Tagebuch eines Killerbots” die ersten vier Originalgeschichten (All Systems Red, Artificial Condition, Rogue Protocol und Exit Strategy), in denen ein aussortierter Kampfroboter bei seiner neuen Aufgabe anfängt, ein Bewusstsein zu entwickeln und über die eigene Rolle im Universum nachzudenken.

Martha Wells hat hier eine interessante Zukunftsvision kreiert, in der die Menschen nicht nur über die gesamte Galaxie ausgebreitet leben, sondern dank interstellarer Megakonzerne und gewissenlosen Kampfrobotern auch alles unter ihre Kontrolle gebracht haben. Die Übersetzung ins Deutsche für den Heyne-Verlag stammt von Frank Böhmert. (ISBN: 978-3-453-32034-5, Broschur, 576 Seiten, Broschur, zur Verlagsseite*)

Neonbirds – Marie Graßhoff

Im Jahr 2101, in dem Marie Graßhoffs Neonbirds-Trilogie angesiedelt ist, hat ein außer Kontrolle geratener technischer Virus die Menschen in Cyborgs verwandelt, die der KI KAMI gehorchen. Orte, an denen der Virus die Bevölkerung für sich einnehmen konnte, werden unwiderruflich als Sperrzonen vom Rest der Welt abgeschottet, es wird alles dafür getan, dass sich die Infektion nicht ausbreiten kann, Infizierte werden von Supersoldat*innen bekämpft – und doch gibt es längst Sekten, die KAMI als Göttlichkeit anbeten. Mitten in dieser sich hochschaukelnden Situation brechen Marie Graßhoffs Protagonist*innen auf, um ihre Welt vor dem Untergang zu bewahren.

Anders als oft angenommen, muss Science Fiction nicht im Weltall oder auf fremden Planeten spielen. Marie Graßhoff macht das in ihrem Epos nicht nur sehr überzeugend deutlich, sie mischt auch auf spannende Weise futuristische Dystopie mit Elemente des Solar Punk und anderen Sub-Genren des Sci-Fi. (ISBN: 978-3-596-70262-6, 463 Seiten, Broschiert, zur Verlagsseite)

Das Universum (Was unsere Welt zusammenhält) – Stephen und Lucy Hawking

Der letzte Tipp in dieser Liste ist eher ein Sachbuch. Es ist jedoch ein schönes Buch, um das Interesse am Universum und Science Fiction generell zu wecken – nicht nur, weil es von Stephen Hawking und seiner Tochter Lucy Hawking gemeinsam herausgegeben wurde. Der weltbekannte Physiker und die Autorin und Journalistin sammeln darin für Kinder und in der Astrophysik eher unbedarfte Erwachsene Aufsätze bekannter Persönlichkeiten zu Themen von Exoplaneten über das Leben im Welttraum, Zeitreisen und künstliche Intelligenz bis hin zum Multiversum. Die Übersetzung ins Deutsche für den cbj-Verlag stammt von Stephan Matthiesen und Irene Rumler. (ISBN: 978-3-570-17815-7, 432 Seiten, Hardcover, zur Verlagsseite*)

Co-Autorin Lucy Hawking hat neben diesem Sachbuch auch zahlreiche weitere Kinderbücher verfasst, einige davon gemeinsam mit ihrem Vater. Darunter Der geheime Schlüssel zum Universum (ebenfalls cbj, 2007), welches gelesen von Rufus Beck auch als Hörbuch erhältlich ist. Die Geschichte beschreibt die Abenteuer von George, einem Kind, das durch ein von einem Computer erschaffenes Portal schlüpft und daraufhin um das Sonnensystem fliegt.

* Die mit einem * markierten Bücher/Buchreihen wurden mir als Rezensionsexemplare freundlicherweise von der Verlagsgruppe Randomhouse kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies hat meine Meinung jedoch nicht beeinflusst.

Folgende Artikel könnten Dir auch gefallen:

1 comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert