Statt Twilight – Lies lieber diese Vampirromane

Es gibt wenige Romanreihen in der Belletristik, die so stark polarisieren wie die Vampirroman-Reihe Twilight. Dabei frage ich mich oft, ob der glitzernde Edward überhaupt ein Blutsauger geworden wäre, wenn zu dieser Zeit nicht gerade die ganze Vampirthematik total en vogue gewesen wäre, denn so wirklich viel von einem Vampir hat er eigentlich nicht – ein Umstand, der gern vergessen wird, da es ohnehin genug zu Meckern gibt, wenn die Reihe kritisiert wird. Zum Glück gibt es zahlreiche wirklich gute Vampirromane, deren Lektüre sich wirklich lohnt, sodass wir gar nicht weiter über diese Reihe reden müssen. Kleine Vorwarnung: Ich habe darauf verzichtet, Bram Stokers Dracula auf die Liste zu setzen, weil das natürlich vorausgesetzt ist.

Stattdessen wartet dieser Artikel mit einem ziemlich wilden Ritt weiterer Klassiker und moderner Interpretationen der (un-)sympathischen Blutsaugenden auf. Sie alle haben zwei Dinge gemeinsam: Niemand glitzert. Und sie haben eine Handlung.

Anne Rice – Chronik der Vampire

In keiner Liste über Vampirromane darf sie fehlen, die Königin dieses Genres. Die Chronik der Vampire ist neben Dracula und Nosferatu vermutlich das Basiswerk schlechthin. Erbarmungslos düster, historisch eingebettet und abgrundtief selbstsüchtig. Das sind die Vampire in der Chronik von Anne Rice. Sie zerfallen bei Sonnenlicht zu Staub, erlaben sich am aussetzenden Herzschlag ihrer menschlichen Opfer und leben in Saus und Braus. Dabei steht in vielen Romanen der Reihe besonders der Vampir Lestat de Lioncourt im Fokus.

In der Chronik der Vampire ist mit am beeindruckendsten, wie herrlich die Figuren die sie umgebende Gesellschaft imitieren bzw. sich dieser auch komplett verweigern. Es ist ein spannendes Stilmittel, um Rollenbilder und Geflogenheiten zu hinterfragen und wird mit am deutlichsten in der Figur von Gabrielle de Lioncourt.

Die Reihe wurde mehrfach von unterschiedlichsten Verlagen auch mit unterschiedlichen Titeln verlegt. Hier ist Vorsicht geboten, um nicht versehentlich Bücher doppelt zu kaufen.

Holly Black – Coldtown: Stadt der Unsterblichkeit*

Unheimlich, düster und ganz bestimmt komplett anders, als ich es erwartet habe. So ließe sich Coldtown in einem Satz beschreiben. In dem von Holly Black geschriebenen Dark-Fantasy-Roman geht es um die Jugendliche Tara, die nach einer Party in einem Haus voller Leichen aufwacht. In einer Welt, in der Vampire allgegenwärtig sind, ist das nochmal unpraktischer als eh schon – zumal sie sich möglicherweise ebenfalls angesteckt hat und sich kurz darauf zusammen mit ihrem Ex-Freund und einem vermutlich sehr alten Vampir in einem Auto auf dem Weg in die nächste Coldtown befindet. Diese abgeriegelten Quarantänestädte sind die eigentliche Heimat aller Infizierten. Dort leben sie, umgeben von permanenter Video-Liveübertragung wie eine skurrile Soap-Besetzung.

Mich konnte in dieser Geschichte einfach alles abholen, begonnen beim skurrilen Setting, den grausamen Vampiren und den Social-Media-süchtigen Nebenfiguren, die sich für einen guten Blogartikel und ein paar Klicks in die vogelfreie Coldtown begeben. Besonderes Highlight ist die Protagonistin Tara, die beim Anblick eines Vampirs nicht sofort Herzchenaugen bekommt und von der Unsterblichkeit schwärmt. Stattdessen ist nachdenklich und kritisch – was auch der Handlung zu Gute kommt.

Die deutsche Erstausgabe des Vampirromans erschien im Oktober 2020 im cbj Verlag. Die Übersetzung stammt von Anne Brauner. (Geeignet für Lesende ab 16 Jahren; ISBN: 978-3-570-16266-8)

Markus Heitz – Kinder des Judas

In Kinder des Judas zeichnet Markus Heitz ein alternatives Leipzig im Jahr 2007. Als gute Seele eines Krankenhauses wacht Sia an den Betten der Sterbenden, leistet ihnen Gesellschaft und begleitet sie auf ihrem letzten Weg. Dabei ist ihre eigene Geschichte viel näher mit dem Tod verbunden, als es den Anschein hat. Gewohnt flüssig und spannend erzählt er dabei in zwei Erzählsträngen: Vergangenheit und Gegenwart. In der Erzählperspektive der Vergangenheit folgen die Lesenden dem Mädchen Scylla im 17. Jahrhundert – und erfahren, was es mit dem Ursprung der Vampire auf sich hat, ehe die beiden Geschichten zusammenfinden.

Das Buch ist der dritte Teil der mehrbändigen “Pakt der Dunkelheit”-Reihe. Es kann jedoch gänzlich losgelöst von diesen gelesen werden und bereitet einen guten Boden für die Folgebände der Reihe, die ebenfalls Vampire zum Thema haben.

Das Buch erschien im Oktober 2009 bei Droemer Knaur.

Cassandra Clare – Chroniken der Unterwelt

Spätestens seit der Verfilmung und der Serie zu den Chroniken der Unterwelt ist die Welt der Schattenjäger*innen vielen bekannt. Anders als in den Verfilmungen sind die Protagonist*innen von Cassandra Clares Romanreihe keine älteren Teens, sondern eigentlich noch halbe Kinder. Umso grausamer eigentlich ihre Aufgabe: Durch das Engelsblut in ihren Körpern sind die Shadowhunter in der Lage, Kreaturen aus der Unterwelt zu bekämpfen – um so die Menschen vor ihnen zu beschützen. Obwohl es dabei vor allem um die Schattenjäger*innen geht, haben Vampire eine wichtige Rolle in der Reihe und einige wichtige Verbündete – oder wahlweise auch das Gegenteil – sind Blutsauger*innen.

Zu den Büchern der Romanreihe gehören City of Bones, City of Ashes, City of Glass, City of Fallen Angels, City of Lost Souls und City of Heavenly Fire. Die einzelnen Bücher werden derzeit, in der Übersetzung von Franca Fritz und Heinrich Koop für den Goldmann-Verlag neu verlegt, womit die Reihe endlich die fantastischen Originalcover der englischen Ausgaben bekommt.

Julie Kagawa – Unsterblich: Tor der Dämmerung

Im dystopischen Setting von Julie Kagawa regieren Vampire die Menschheit. Während die grausamen Herrschenden die Menschen unterdrücken, wird Protagonistin Allie ein Angebot gemacht: Tod oder Unsterblichkeit. Als Teil einer rebellischen Gruppe versucht sie daraufhin, den stetig wachsenden BlutDurst zu bezwingen. Dabei hofft sie, nun auch endlich unangreifbar zu sein, nachdem ihr Leben als Sterbliche, regiert von Vampiren, zuvor nichts wert war. Doch offenbar gibt es noch schlimmere Dinge außerhalb der abgeriegelten Städte

Das Interessante an dem Setting der Unsterblich-Trilogie ist, dass es in der Zukunft spielt. Gekonnt vermischt Julie Kagawa die Figur des unsterblichen Vampirs in einem Urban-Fantasy-Setting einer dystopischen Zukunft. Dazu eine Barass-Protagonistin, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt.

Die Reihe ist seit Dezember 2015 in einer Übersetzung von Charlotte Lungstrass-Kapfer im Heyne-Verlag erschienen. (ISBN: 978-3453317116)

Foto © Loren Cutler, unsplash.

* Das Rezensionsexemplar von Coldtown wurden mir freundlicherweise von der Verlagsgruppe Randomhouse kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies hat meine Meinung jedoch nicht beeinflusst.

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